Hintergrund-Informationen zum Synchron-Eislauf-Sport
Formationseislaufen oder Synchron-Eiskunstlaufen - kurz SYS - ist die jüngste (vom internationalen Eissportverband ISU anerkannte) Disziplin im Eiskunstlaufen. SYS steht also einerseits neben den sehr Sprung-orientierten Einzelkämpfer-Disziplinen Damen- und Herren-Eiskunstlaufen oder dem Paar-Eiskunstlaufen und andererseits dem akrobatisch-tänzerischen Eistanzen mit seinen vielfältigen Schrittpassagen. Anfang der 90er Jahre wurde der SYS-Sport sogar als neuer Trendsport im Eiskunstlaufen gehandelt und man träumte schon damals von der „Olympia-Reife“ …..
Im Gegensatz zu den klassischen, sehr stark auf die höchste Einzelleistung ausgerichteten Eislaufdisziplinen (mit denen man schon im frühen Kindheitsalter von 4, 5 Jahren beginnen sollte), bei dem jahrelanges Training unerlässlich ist und bei denen oft schon - wenn kein 3- oder 4-Facher gezeigt wird, die Nase gerümpft wird - ist SYS eine echte Team-Sportart bei der ähnlich wie beim Eistanzen Schrittkombinationen besonders wichtig sind. Bei Wettbewerben werden dann die Elemente Kreis, Block, Linie, Rad und Durchkreuzungs-Manöver gezeigt und bei der Bewertung ist dann die Präzision, die Sauberkeit und die Gleichmäßigkeit der einzelnen Elemente entscheidend.
Wie bei einem Kaleidoskop sollen die Eisläufer immer wieder neue Formationen aufs Eis zaubern ….
Ein Formations-Team ist nur so gut wie ihr schwächstes Glied - es zählen somit das Können und der Einsatz jeder Läuferin und jedes Läufers, d.h. des ganzen Teams.
In Skandinavien (und dort vor allem in Finnland), in Kanada, in den USA usw. in denen schon seit Jahren Ganztags-Schulen mit College-Charakter bestehen, ist der SYS-Sport sehr erfolgreich, da hier auch Kooperationen zwischen Sportvereinen und Eislaufarbeitsgemeinschaften an Schulen möglich sind. Somit kann der SYS-Sport auch in Deutschland im Rahmen der Erweiterung des Ganztagsschul-Betriebes immer interessanter werden.
Auch sog. „Spätstarter“ aus dem Eislauf-Breitensport haben - im Gegensatz zu den Sprung-orientierten Disziplinen - im SYS-Sport eine reelle Chance. Außerdem sind SYS-Wettbewerbe im nahen Ausland gerade für jugendliche Sportler hoch attraktiv, weil man hier heute gewonnene Sportler-Freundschaften durch Facebook & Co lange problemlos pflegen kann.
Im Gegensatz zum europäischen Ausland aber hatte sich diese Disziplin in Deutschland nie so richtig etabliert, da aufgrund der bestehenden Vereins-Strukturen und -Gegebenheiten und der föderalen Strukturen oft nicht genügend Läufer(innen) in den engen Altersgrenzen der DEU- und ISU-Regularien zusammenkamen, um überhaupt ein Formations-Team mit genügend Mitgliedern bilden zu können.
Gemäß den strengen ISU-Regeln für Synchron-Eiskunstlaufen wird auf internationaler Ebene in drei sog. ISU-Kategorien unterschieden: „Nachwuchs“, „Junioren“ und „Senioren“ und es sind Mindestgrößen pro Team vorgeschrieben, z.B. von mindestens 16 Läufern. D.h. kommt ein Team-Mitglied an eines der Altersgrenzen (Junioren z.B. dürfen 12 - 19 Jahre alt sein) und müsste in der nächst höheren Altersklasse starten - sofern der Verein überhaupt in der Lage ist, mehrere Formationsteams in mehreren Altersklassen aufstellen zu können - und es nicht ausreichend altersgerechte Nachrücker gibt, muss ggfs. ein ganzes Team mit dem SYS-Sport aufhören. Dies ist im Pubertätsalter der Eisläufer(innen), bei zunehmenden Auslandsaufenthalten von Schülern, bei der Zunahme der Patchwork-Familien, der Mini-Familien mit alleinerziehenden und berufstätigen Müttern/Vätern, in der Zeit der Ganztagsschule, im heutigen generellen Schul- bzw. Abiturstress beim Beginn des Studiums oder der Berufsausbildung von normalen Eislaufvereinen oft nicht realisierbar.
Der Neusser Schlittschuh-Klub hatte schon Mitte der 90er Jahre zunächst in einer Kooperation mit Duisburg erste Ansätze in dieser SYS-Disziplin getätigt und sogar an Deutschen Meisterschaften erfolgreich teilgenommen. Dies funktionierte aber nur vorübergehend mit besonders engagierten Eltern, die die Läufer zu den weit entfernten Trainingsstädten hin und herfuhren. Der NSK versuchte es dann nach der Jahrtausendwende noch alleine in Neuss mit einer eigenen, reinen Junioren-Formation, schaffte es aber nie, die altersbedingten Abgänge durch genügend jüngere Eisläufer zu kompensieren und viele SYS-Sportler waren frustriert, beim erreichen der Altersgrenze den geliebten Sport aufgeben zu müssen. Nach der Auflösung von SYS-Teams in Duisburg, Dortmund und Neuss verschwand diese Synchroneislauf-Disziplin zunächst wieder komplett in NRW.
Ähnliche Probleme gab es aber auch in anderen europäischen Ländern und es etablierten sich dann unabhängig von den einschränkenden ISU-Regularien sog. „Mixed-Age“-Teams, d.h. SYS-Formationen, die sich nicht an die Altersbegrenzungen halten. De facto können hier 12 Jährige zusammen mit 35 Jährigen zusammen ein Team bilden, Hauptsache das läuferische Können reicht aus und die Größen passen zusammen. Geht man heute nach Frankreich, Belgien, Holland …. zu einem SYS-Wettbewerb - dann ist heute schon die Kategorie „Mixed-Age“ die größte Gruppe.
Im Jahre 2009 hat der NSK dann das erste „Mixed-Age“- Team in Deutschland gegründet - auch wenn es nicht in das von der ISU oder der Deutschen Eislauf-Union vorgegebene Raster passte - hatte man in Neuss sich bewusst dafür entschieden und in Kauf genommen, dass man dann eben zu Wettbewerben nur ins europäische Ausland reisen konnte - weil es diese Disziplin in Deutschland damals nicht gab. Der erste Wettbewerb dieser Art für das NSK-Team „Butterfl’Ice“ bei der Trophée des Hauts de France in 2010 konnte dann auch als echte „Lehrveranstaltung“ bezeichnet werden …. Aber die Neusser haben dann ihre Hausaufgaben gemacht und in der Saison 2010/2011 räumten das Neusser-Team ab: 1. Platz bei der Hertogstad Synchronized Competition 2011 in den Niederlande, 1. Platz bei der Trophée des Hauts de France 2011 in Valenciennes und in der neuen Saison 2011/2012: 1. Platz beim Wintercup 2011 in Belgien.
Die Deutsche Eislauf-Union DEU ist dann bei der Deutschen Meisterschaft 2012 erstmals über ihren Schatten gesprungen und hat die Kategorie „Mixed-Age“ aufgenommen und das NSK-Team „Butterfl’Ice“ wurde im Januar in Dresden erster Deutscher-Meister in dieser Mixed-Age-Kategorie. Aber die kleine Flamme aus Neuss beginnt schon zu lodern: Heute gibt es in Deutschland schon über 10 Mixed-Age-Teams und seither gehört auch diese Kategorie zum Standardrepertoire bei Deutschen-SYS-Meisterschaften.
Seit 2012 gibt es auch in Deutschland einen internationalen Wettbewerb für diese Mixed-Age-Teams: Die "NRW-Trophy for synchronized Skating" in Neuss. 15 bis 25 Teams aus ganz Europa treffen sich hier nun schon seit 10 Jahren zum Wettbewerb in Neuss.
